Yogito ergo sum – ich mache Yoga – also bin ich (erfolgreich)

Warum wird Yoga immer beliebter? Nicht zuletzt durch die kolossale Zahl verschiedener berühmter Menschen – von den Beatles bis hin zu Salma Hayek -, die dem Publikum mitteilen, dass sie Yoga machen.

Bereits in den 1960ern Jahren waren die Beatles in den Ashram des Gurus Maharishi Mahesh Yogi nach Rishikesh gefahren. Die Inspiration zu dieser Reise war ihnen bei den Dreharbeiten des Films „Help“ gekommen, in dem es eine Szene in einem indischen Restaurant gibt. Kurze Zeit später besuchten die Beatles einen Vortrag von Maharishi Mahesh in London, reisten mit ihm weiter und machten in England einen Meditationsworkshop mit ihm.

Bis sie in seinen Ashram nach Indien fuhren, sollten jedoch einige Jahre verstreichen. Zwischendurch kaufte George Harrison sich eine billige Sitar in einem Londoner Import-Export-Laden, mit der er das Riff des Beatles-Songs „Norwegian Wood“ einspielte. „Norwegian Wood“ ist nicht, wie viele glauben der erste Popsong mit einer Sitar, das war vier Monate vor seiner Veröffentlichung der Song „See My Friends“ der Kinks, die 1965 eine Tournee durch Indien gemacht hatten, wo der Sänger und Gitarrist Ray Davies die Inspiration dazu fand.

Als die Beatles dann 1968 mit ihren Ehefrauen in Maharishis Ashram in Indien waren, kamen auch andere westliche Berühmtheiten dazu, darunter der Singer-Songwriter Donovan und die Schauspielerin Mia Farrow. (Einen noch stärkeren Sog auf die kreative Elite Europas und Amerikas sollte zehn Jahre später der tantrische Guru Bhagwan Shree Rashnesh alias Osho ausüben.) Indien wurde der Sehnsuchtsort einer neuen Generation. Die Mode dominierten weite Gewänder mit Paisley-Mustern, zum Skandal wurde der indische Wickelrock Sari in der heute gängigen Minirock-Version.

Warum gerade Indien?

Nach dem zweiten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des britischen Empires waren Tausende Inder in die englischen Metropolen gezogen. Sie integrierten sich dort in eine vom Trauma des Kriegs (zur Mitte der 1960er gerade zwanzig Jahre her) erstarrte englische Gesellschaft. Auf der Suche nach einem neuen Lebensstil boten die spirituellen Konzepte Indiens der britischen Jugend eine attraktive Alternative. In den stark intellektuellen 1960ern galt jedoch vielen die „Körperertüchtigung“ und „Leibeserziehung“ als spießig und als Relikt der autoritären Kultur ihrer Eltern. Viele glaubten daran, durch rein geistige Übungen den heiligen Gral zu finden und dann erleuchtet zu sein.

Der Wunsch, Yoga zu üben und zu lernen, ging Hand in Hand mit dem Bestreben nach einer besseren Welt. Gleichzeitig suchten die Kinder des von Bomben zertrümmerten Europas nach Therapie und Heilung. Den Song „I´m So Tired“ schrieb John Lennon im Ashram, weil er dort nach vielen Jahren erstmals wieder ohne Drogen (in den frühen 1960ern Amphetamine und Alkohol, danach Cannabis und LSD) auskommen musste, er konnte nicht schlafen, Bilder zeigen ihn mit dicken Ringen unter den Augen.

Am Ende des Aufenthalts beim Maharishi schrieb Lennon über ihn den sarkastischen Song „Sexy Sadie“ (what have you done, you made a fool out of everyone). Sein Hang zur Macht und unseriöse Machenschaften brachten Mahesh in Verruf, und seit „Sexy Sadie“ hat das Image von Gurus, die angeblich ihre Jünger mit ihrem Segen und speziellem – kostspieligem – Training in die Glückseligkeit beamen können, stark gelitten.

Am 6. Dezember 1969 endete mit dem tragischen Verlauf des Altamont-Festivals in Kalifornien die Ära der Hippies. In den 1970er-Jahren stellte die Punk-Bewegung die Popkultur auf den Kopf. Die frühen 1980er dominierte die wettkämpferische, hedonistische Kultur der Young Urban Professionals (Yuppies). Jetzt ging es darum, erfolgreich zu sein und gut dabei auszusehen. In England und den USA regierten mit Margaret Thatcher und Ronald Reagan die Konservativen. TV-Serien wie „Dallas“ und „Denver Clan“ spiegelten den Zeitgeist. Die Mauer teilte Deutschland noch in zwei Hälften, es gab auch im Westen nur drei öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme, das war eine kleine, überschaubare analoge Welt, in der einzelne Trends große Breitenwirkung erzielten.

Mit ihren VHS-Videos trat die Schauspielerin Jane Fonda 1982 den Aerobic-Trend los, eine bis dahin unerreichte Fitness-Welle. Wer weiß, womöglich verdankt der Boom des Hatha-Yogas, also des posturalen, körperbetonten Yogas, seit den 1980ern seinen Zündfunken der Aerobic-Welle Jane Fondas und dem Tanzfilm „Flashdance“, so wie die indische Yoga-Renaissance des frühen 20. Jahrhunderts nichts geworden wäre ohne den Turnvater Jahn und den Bodybuilder Eugen Sandow, worauf wir hier noch zurückkommen.