Yoga zu Hause üben – wie geht das?

Die Corona-Epidemie zwingt uns zum Ändern unserer Lebensgewohnheiten. Jetzt geht es ans Eingemachte – auch beim Yoga praktizieren?

Zuhause ein Gerät einschalten und Online-Yoga zu machen, klingt erst einmal bequem, günstig und praktisch, hat aber seine Tücken, denn Zuhause ist ein Ort der Zerstreuung. Der Geist ist zu Hause zerstreuter als im Büro und im Yoga-Kontaktunterricht. Es gibt keine soziale Kontrolle und dagegen viele persönliche Anforderungen (Haushalt), und Ablenkungen, die einen anspringen. Man kann sich in zig Richtungen entscheiden. Dieses Alles-mögliche-gleichzeitg tun (können) ermüdet den Geist und den Körper.

Als ich ein Kind war, ging meine Mutter jeden Dienstag zum Yoga, montags ging sie zum Chor. Das waren feste Rituale. Auf ihren Geburtstagspartys kamen viele vom Yoga oder vom Chor. Singen und Yoga waren soziale Betätigungen. Zuhause habe ich meine Mutter nie ein Asana machen- oder singen üben sehen. Aus ihrer damaligen Sicht der 1970er wäre unsere brandaktuelle Realität ein dystopischer Science-Fiction. Heute übt meine Mutter mit über 80 auch allein ihr Yoga. Sie hatte das Glück, die Übungen im Kontaktunterricht so zu verinnerlichen, dass ihr Körper sich daran erinnert.

Mein Vater brachte mich als Anfang-Zwanzigjährigen zum Zen-Buddhismus. Zen-Mönche sagen, wenn man etwas lernen möchte, dann mach ein Ritual daraus. Nimm dir eine feste Zeit, etwa jeden Tag 11:00 Uhr und übe dann. Wenn du in dieser Zeit nicht dazu kommst, dann lass es ausfallen.

Ich bin arbeite seit über zwanzig Jahren im Home-Office und übe seit Beginn meiner Freiberuflichkeit Yoga. Folgende Tipps funktionieren für die Meisten von uns: Etabliere eine gewisse Struktur in deinem Leben, die dir Zeitfenster gibt, regelmäßig zu praktizieren. In anderen Worten: Plane dein Yoga. Feste Zeiten sind gut. Fange gar nicht erst an zu üben, wenn du weißt, dass irgendwann gleich etwas Bestimmtes passiert. Sprich dich mit anderen Personen in deinem Haushalt ab, damit du ungestört sein kannst. Schaffe einen kleinen Übergang zwischen dem, was du gerade gemacht hast und deiner Yoga-Praxis, um ganz bewusst anzufangen. Habe einen Ort in deiner Wohnung, wo dich nichts stört und ablenkt. Schon die traditionellen Yoga-Überlieferungen beschäftigen sich mit dem Problem: Die Hütte sollte gefegt sein, gut gelüftet. So und so viel Platz brauche der Yogi für seine Übungen, beschreibt etwa die Hatha Yoga Pradipika. Sehr gut ist, eine Tür hinter sich zumachen zu können. Überlege dir vorher, was du machen möchtest, so dass du fokussiert anfängst. Erwarte nicht gleich sichtbare Erfolge und tolle Veränderungen. Komplexe, potentiell verletzungsriskante Asanas ohne direkten Unterricht zu durchdringen, geht womöglich an der Realität vorbei (je nachdem, wie viel Erfahrung und Übungspraxis ihr schon habt). Viel wichtiger ist: wirkt meine Praxis positiv, stabilisierend auf meine Energie, meinen körperlichen und geistigen Zustand? Eine stabile Yoga-Praxis kann in aktuellen Zeiten sehr, sehr helfen. Üben bedeute, dass wir eine passende Anstrengung auf uns nehmen, mit dem Ziel uns dem Zustand von Yoga anzunähern, schreibt Patanjali in seinem Yoga Sutra 1.13 und gleich danach: eine Übungspraxis wird nur dann Erfolge zeigen, wenn wir über einen langen Zeitraum ohne Unterbrechungen an ihr fest halten, damit sie von einem inneren Interesse getragen werden kann – unabhängig also von äußeren Umständen.