Mit Corona fahren die Gedanken Karussell

Gib dem Affen Yoga

Macht die Pandemie uns paranoid, dann sollten wir Zuflucht zum Yoga nehmen.

Vorweihnachtszeit 2021. Pandemie, vierte Welle. 2G, 3G, Plus. Paranoia, Polarisierung und Apathie. Wie können wir da in uns selbst ruhen? Die Gedanken daran hindern, Karussell zu fahren? Wie können wir uns da noch gut fühlen?

Was sind eigentlich Gefühle? Sind sie das Gegenteil der Gedanken? Wohl kaum, eher sind Gefühle und Gedanken zwei Seiten einer Medaille, sie bedingen einander. Ein Gefühl entsteht im Zusammenwirken einer Situation und den persönlich damit verbundenen, assoziierten Gedanken. Ein Gefühl basiert also auf meiner gedanklichen Interpretation einer Umgebung oder Situation. Corona könnte die Angst vor einer Ansteckung hervorrufen, Wut über die Maßnahmen, Trauer über mangelnden Kontakt zu geliebten Menschen, Scham, noch nicht geimpft oder genesen zu sein, all dies und mehr, je nach Kontext. Starke Gefühle wie Angst, Wut, Trauer und Scham machen sich breit. Also eigentlich alle Gefühle bis auf die stets ersehnte Freude.

Es gibt keine guten und keine schlechten Gefühle. Jedes Gefühl hat seinen Grund, Sinn und Zweck. Unsere Gefühle sichern unser Überleben. Die Angst macht erfinderisch und kreativ – bis sie uns lähmt. Die Wut schafft Klarheit und Tatendrang – bis sie zerstört. Die Trauer schafft Akzeptanz – bis sie uns kraftlos und passiv werden lässt. Die Scham schafft Selbstwahrnehmung, Achtsamkeit – bis wir uns damit selbst zerfleischen. Die Freude erhellt das Leben – bis wir wahnsinnig hysterisch werden. Das gute daran ist: Gefühle gibt es nur im Paket. Freude allein geht nur gespielt in der Werbung. Wer echte Freude empfinden möchte, muss seine Angst-Wut-Trauer-Scham bejahen.

Wir speichern unsere Gefühle, während die Gedanken nie zur Ruhe kommen. Wir möchten unangenehme Gefühle gern loswerden. Unser Verstand brütet darüber nach, was wir falsch gemacht haben, weil sie entstanden sind. Diese Gedankenschlaufen verstärken wiederum dieselben Gefühle, es entsteht eine Gedanken-Gefühls-Rückkopplung wie nach einem Schock.

Für die Yogis ist unser Verstand wie ein Affe, der von Baum zu Baum springt, ständig umherschaut und herumrennt, immer in Bewegung bleibt, der so genannte Monkey Mind. Der Monkey Mind ist ja an sich nicht schlecht, Kreativität kann so funktionieren. Im Corona-Stress mit zu vielen Nachrichten, Problemen und Herausforderungen gerät der Affe in ein Hamsterrad, und die Gedanken fahren Karussell.

Im Yoga möchten wir die Gedankenbewegungen zur Ruhe zu bringen, den Verstand auf standby schalten. Die Yogakunst kennt hierfür viele verschiedene wirksame Methoden. Oder anders ausgedrückt, Yoga an sich bringt per Definition die Gedankenwellen zur Ruhe. Patanjalis-Yoga Sutra 1.2, sein berühmtestes, heißt: Yoga Citta Vritti Nirodhah. Übersetzt: Yoga lässt den im Wahrnehmungsraum (Citta) herum hopsenden Affen (Vritti) zur Ruhe kommen (Nirodhah). Beim Yoga lernen wir, uns in einen Inhalt zu vertiefen und dort ohne Ablenkung zu verweilen. Das Gedankenradio macht Pause. Unsere Konzepte, Erwartungen, Erinnerungen manipulieren nicht mehr unsere Wahrnehmung. Dann erkennen wir, was wirklich ist.