Patanjali Yoga Sutra 1.19 – 1.23 – Hingabe an ein höheres Prinzip

Wie geht’s, wie ist das Leben? Könntest du gerade nicht besser klagen? Weißt du, was du dir wünschst? Wofür bist du dankbar? Irgendwann im Leben kommt womöglich der Punkt, an dem man denkt, die äußeren Umstände haben einem diese Qualitäten und jene Defekte beschert, und that´s it. Ohne zu erinnern, dass womöglich diese Defekte und jene Qualitäten erst in die äußeren Umstände geführt haben. Wo ist die Henne und wo das Ei?

Warum sind hier Leute klar im Vorteil, die fest daran glauben, die be-glaubigen, dass es einen guten Grund dafür gibt, warum sie gerade jetzt an diesem oder jenem Punkt in ihrer Existenz sind. Die sagen, es könnte gerade einfach nicht perfekter sein! Die sagen, man kann mit seinen inneren Zuständen die äußeren Umstände erschaffen.

Im ersten Kapitel seiner epochalen Yoga-Sutras – in den Sutras 1.19 – 1.23 –, geschrieben vor rund zweitausend Jahren, widmet der Yogi Patanjali sich diesen Fragen. Mit Vertrauen, Glauben an sich selbst (sradda), kann man sich Samadhi, dem Zustand von Yoga nähern. Mit beharrlichem, intensiven Üben (virya, smrti) und planvollem Handeln (samadhi-prajna), sagt Patanjali.

Starkes Vertrauen, intensive Bemühung, klares Handeln, Verbindlichkeit. Praktischerweise sind das Qualitäten, die wir beim Üben von Asanas und Atem ganz natürlich entwickeln und stärken können. Indes, auch damit stehen wir oft irgendwann vor einer Grenze, einer Wand, werden herauskatapultiert, die Motivation ist in ein Loch gefallen, die Zeitfenster zerschmolzen. Oder wir waren zu ungeduldig, zu egoistisch, ehrgeizig und haben uns beim Üben verletzt. Yoga ist immer ein Schritt vor und zwei zurück, zwei vor und einer zurück…

Hier gibt uns Patanjali einen entscheidenden Hinweis: Habe Vertrauen in die Kraft des Universums, nehme dein Schicksal vollkommen an, verbinde dich mit Mächten, die größer sind als dein Ego. Praktiziere Isvara Pranidhana. Reite (pranidhana) auf den Wellen höherer Mächte, den Wellen deines Schicksals (Isvara), so Patanjali, und du wirst dich dem Zustand von Yoga nähern.

Ein perfektes Match: Einmal wir, mit unserer Motivation, unserem gezielten planvollen Handeln. Und dann eine ganz neutrale, ziellose, zeitlose, mächtige Kraft und Qualität, der wir uns anvertrauen. Ein praktisches Beispiel, zum Üben: geht in euer Asana, gebt eure Kraft, eure Aufmerksamkeit in die Form und ihre Ausrichtung und lasst dann eure Atmung ganz unpersönlich in tiefem Ujjayi fließen. Erlaubt der Atmung immer autonomer durch euch hindurch zu strömen, reitet das Asana mit eurem Atem.

Wir können unsere Kraft und Leidenschaft in die vielen wunderbaren Übungen des Yogas hineingeben. Das Ergebnis, die Wirkung hängen nicht von uns allein ab, das ist eine befreiende Erkenntnis. Wenn ich meine Bemühung in den Dienst eines höheren Prinzips, einer höheren Macht stelle, dann bin ich nicht mehr abhängig vom Ergebnis, meinen Erwartungen, meinem kleinen Geist.